Die FKM-Richtlinie ist heute für viele Ingenieure und Konstrukteure ein unverzichtbares Instrument zur rechnerischen Festigkeitsbewertung von Maschinenbauteilen. Insbesondere die Kapitel 3 und 4 bieten eine strukturierte Methodik zur Durchführung des statischen Festigkeitsnachweises sowie des Ermüdungsfestigkeitsnachweises – zwei entscheidende Prüfungen für die Bauteilsicherheit. In diesem Beitrag beleuchten wir die zentralen Schritte der Anwendung, spezifische Vorteile gegenüber anderen Normen sowie relevante Praxisaspekte für FEM-gestützte Simulationen. Eine Vielzahl von Materialien können mit der FKM-Richtlinie für einen Nachweis verwendet werden, darunter typische Stähle, Aluminiumwerkstoffe und auch diverse Gussmaterialien. Prinzipiell wird zwischen geschweißten und nicht geschweißten Bereichen unterschieden.
Der statische Festigkeitsnachweis und die plastische Stützzahl
Im Kapitel 3 der FKM-Richtlinie steht die Beurteilung der Bauteilsicherheit unter statischer Belastung im Vordergrund. Der zentrale Gedanke ist hierbei die Bewertung der zulässigen Spannung unter Berücksichtigung möglicher plastischer Reserven. Die plastische Stützzahl npl spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie beschreibt die Fähigkeit einer Struktur, über die elastische Grenze hinaus weitere Lasten zu tragen, indem plastische Deformationen genutzt werden. Weitere Einflüsse wie eine erhöhte Temperatur werden innerhalb der Richtlinie mittels einer Erhöhung des Gesamtsicherheitsfaktors berücksichtigt.
Die praktische Anwendung in FEM-Simulationen verlangt eine sorgfältige Modellierung: Die Wahl geeigneter Materialgesetze, insbesondere elastisch-plastischer Modelle, ist entscheidend. Die zulässigen Spannungen für den Nachweis, wie in Tabelle 3.6 der Richtlinie definiert, müssen unter Berücksichtigung von npl angepasst werden. Diese differenzierte Betrachtung ermöglicht eine wirtschaftlichere Auslegung von Bauteilen, ohne die Sicherheit zu kompromittieren — ein wesentlicher Vorteil gegenüber Normen, die rein elastische Nachweiskonzepte verwenden.
Der Ermüdungsfestigkeitsnachweis und zulässige Zyklenzahlen
Kapitel 4 der Richtlinie widmet sich der Bewertung der Dauer- oder Zeitstandfestigkeit bei schwingender oder wechselnder Belastung. Im Vergleich zu dem statischen Festigkeitsnachweis ist hier die Ermittlung der zulässigen Spannungsamplitude deutlich umfangreicher und berücksichtigt wesentlich mehr Parameter, wie z.B. der Oberflächenrauheit oder einen Dickenfaktor der geschweißten Bleche. Abhängig von der geforderten Zyklenzahl, die an das Bauteil gestellt wird, wird der Nachweis entweder für die Dauer- oder Zeitstandfestigkeit geführt.
In der praktischen Anwendung ist besonders die sorgfältige Modellierung von Kerben und Geometrieübergängen in FEM-Modellen entscheidend. Eine zu grobe Netzauflösung oder die Vernachlässigung von lokalen Spannungsspitzen kann zu erheblichen Abweichungen führen. Unsere Erfahrung zeigt, dass eine lokale Netzverfeinerung sowie der gezielte Einsatz von Submodellierungstechniken helfen, diese Effekte in der Simulation präzise zu erfassen.
Abgrenzung zu anderen Normen und Validierungsstatus
Im Unterschied zu allgemeineren Normen wie dem Eurocode 3 oder spezifischen DIN-Standards bietet die FKM-Richtlinie eine material- und belastungsspezifische Methodik, die sowohl für statische als auch für dynamische Beanspruchungen konsistente Bewertungsansätze liefert. Insbesondere im Bereich des Übergangs vom elastischen zum plastischen Verhalten und bei multiaxialer Beanspruchung ermöglicht die FKM-Richtlinie eine detailliertere und praxisnähere Bewertung. Wie Wagner et al. hervorheben: „Die FKM-Richtlinie hat sich als praktisches Hilfsmittel für die Industrie erwiesen, erfordert jedoch eine sorgfältige Anwendung, insbesondere beim Übergang von elastischem zu plastischem Verhalten und bei mehrachsiger Belastung.“ (Wagner et al., 2015).
Unsere Erfahrung in der Simulation komplexer Bauteile — beispielsweise von Maschinenbauteilen unter zyklischer Beanspruchung oder Strömungsbauteilen mit Temperatureinflüssen — zeigt, dass die FKM-Methodik aufgrund ihrer Flexibilität und Validierungsbasis klare Vorteile gegenüber überkonservativen oder zu generischen Bewertungsverfahren bietet.
Anwendungspraxis: Konkrete FEM-Hinweise
Im praktischen Berechnungsprozess beginnen wir mit einer elastischen linearen FEM-Analyse, um die relevanten Spannungszustände zu identifizieren. Anschließend erfolgt, wenn notwendig die Ermittlung der Stützzahlen und die Nachweisführung gemäß den FKM-Vorgaben. Speziell bei dynamischen und zyklischen Lasten legen wir besonderen Wert auf die exakte Modellierung der Bauteilränder, Kerben und Schweißnähte, um die Einflüsse auf die Dauerfestigkeit korrekt abzubilden.
Ein Beispiel aus unserer Praxis: Für ein Unternehmen aus der Lüfterindustrie haben wir einen Dauerfestigkeitsnachweis für die Rotorblattaufnahme durchgeführt. Durch gezielte FEM-Modellierung und den Einsatz verschiedener Optimierungsmaßnahmen konnten wir nicht nur die Dauerfestigkeit erfolgreich nachweisen, sondern auch die Strukturauslegung deutlich verschlanken – ein klarer Vorteil in Bezug auf Materialkosten und Lebensdauerprognose.
Fazit: FKM-konforme Simulation als Wettbewerbsvorteil
Die FKM-Richtlinie bietet mit ihren klar definierten Methoden für den statischen und dynamischen Festigkeitsnachweis einen praxistauglichen Rahmen, der insbesondere in der virtuellen Produktentwicklung seine Stärken ausspielt. Die gezielte Anwendung dieser Methodik in Verbindung mit hochpräzisen FEM-Simulationen ermöglicht sichere, optimierte und gleichzeitig wirtschaftliche Konstruktionen.
Wenn Sie Ihre Produkte auf höchstem technischem Niveau entwickeln oder Ihre bestehenden Komponenten belastungsgerecht optimieren möchten, unterstützen wir Sie gerne mit unserer Expertise in der rechnerischen Festigkeitsbewertung nach FKM und modernster FEM-Simulation. Kontaktieren Sie uns — wir finden gemeinsam die optimale Lösung für Ihre Anforderungen.
Quellenverzeichnis
- Wagner, L., et al. (2015). FKM Guideline: Strengths, Limitations and Experimental Validation. Procedia Engineering, Volume 133, 418–425.